Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat die Bildungsausgaben der Bundesländer in 2015 veröffentlicht. Eine Statistik, die mich ratlos zurück lässt.
Auf den ersten Blick sieht das für NRW nicht gut aus.
[table id=54 /]
Schnappatmung liegt natürlich nahe, und das werden die Medien sicher in Kürze auch wieder trefflich bedienen. Aber wartet noch einen Moment mit dem Jammern (oder je nach Land mit dem Jubeln).
Zwei Jahre alte Zahlen
Ja, Ihr lest richtig: 2015. Die Aussagekraft von zwei Jahre alten Statistikzahlen halte ich für eher homöopathisch. Ich möchte eigentlich nicht wissen, was NRW in 2015 pro SuS ausgegeben hat. Ich möchte wissen, was NRW für 2018, 2019 und 2020 pro SuS auszugeben plant.
Interessanterweise tauchen diese Zahlen nirgendwo in Haushaltsdebatten auf (oder sie gehen an mir vorbei). Stattdessen jonglieren die Ministerien immer mit abstrakten Milliardenbeträgen im Bildungshaushalt, die selbstredend “höher sind als die der Vorgängerregierung”.
Natürlich kann man nicht genau vorhersehen, wieviele SuS in 2020 die Schulen besuchen. Aber Tendenzen sollten erkennbar und erklärbar sein, zumal die Haushaltsansätze für die kommenden zwei bis drei Jahre auf eben diesen geschätzten Zahlen basieren (sollten).
Ranking: Wer ist der beste Sisyphos?
Der Impuls liegt nahe, aus der sich ergebenden Reihenfolge einen Sieger und viele Verlierer zu ermitteln. Und fortan bemühen sich alle Zweit- und schlechter Platzierten, beim nächsten Ranking besser abzuschneiden. Doch im nächsten Jahr gibt es andere “Gewinner” und vor allem “Verlierer”, die wiederum alles daran setzen werden, beim nächsten Ranking… Ihr erkennt das Muster. Diese Art des Schwanzvergleichs wird leider seit Jahrzehnten durch diverse Akteure mit vorrangig neoliberaler Agenda in die Köpfe der Bürger (und damit auch die der politischen Entscheider) geprügelt. #hüstelPISAhüstel
Alleine schon der erste Satz der Veröffentlichung zeigt, in welche Richtung die Zahlen zu interpretieren sind:
Die adäquate Ausstattung des Bildungswesens mit Finanzressourcen ist von großer Bedeutung für das wirtschaftliche Wachstum, für die Sicherung der Humanressourcen der Volkswirtschaft sowie für den Erhalt der Chancengleichheit der Individuen.
Da bekommt man Gänsehaut auf der Gänsehaut. Immer schön, wenn man seine Prioritäten klar hat.
Bildung ist nicht dazu da, “Humanressourcen der Volkswirtschaft” zu sichern! Und sie ist schon mal überhaupt kein Wettrennen!
Wenn man denn überhaupt irgendwelche abstrakten und schwer nachvollziehbaren Zahlen miteinander vergleichen möchte, dann lohnt eher der Vergleich zu den eigenen Ausgaben der Vorjahre.
[table id=56 /]
DAS ist, liebes Statistisches Bundesamt und liebe Medien, wenn überhaupt eine gerüttelt aussagefähige Tabelle, die man prominent verpressemelden sollte.
Man könnte also einmal hinterfragen, ob eine Steigerung um 100-200 Euro pro Jahr und SuS genügt, um die wachsenden Ansprüche an Unterricht und Bildung bedienen zu können (Modernisierung der Infrastruktur, Inklusion, Digitalisierung, Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs etc.).
In dieser Steigerung verstecken sich übrigens auch Dinge wie höhere Tarifabschlüsse und Inflation. Und wenn es zB. weniger Schüler und Schülerinnen gibt, die Fixkosten für Besoldung und Infrastruktur aber gleich bleiben, steigen die Ausgaben pro SuS auch. Nur mal so angemerkt. Nirgendwo ist nämlich vermerkt, wie sich die Zahlen der SuS im Vergleich zu den Ausgaben verhalten.
Deckung des Bedarfs
Natürlich könnte ich mir nichtsdestotrotz wesentlich mehr Geld pro SuS und Jahr vorstellen. Sehr viel mehr Geld. Und das wäre in der Bildung sicher nachhaltiger eingesetzt als für die Aufrüstung der Bundeswehr für Auslandseinsätze oder gegen einen dahergeredeten Feind, für die Stütze missgewirtschafteter Billigfluglinien oder bescheißender Autobauer oder für den Unterhalt einer Flughafenneubauruine.
Es stellt sich aber doch eigentlich die Frage: Decken die Investitionen in Bildung pro SuS und Jahr den Bedarf? Und was wäre der Bedarf überhaupt? Schaue ich mir unsere diversen Bildungsbaustellen an (die dazu in den vergangenen zwei Jahren nicht weniger geworden sind): Nein, diese Ausgaben genügen noch lange nicht.
Ich hätte gerne eine valide Bedarfsanalyse, ergänzt um eine Bedarfsplanung für die nächsten Jahre. Und daraus abgeleitet hätte ich eine Haushaltsplanung, die diesen Bedarf plus Puffer abdecken kann.
In Aachen findet so etwas Ähnliches “im kleinen Rahmen” gerade ua. mit der Medienentwicklungsplanung statt, leider in diesem Umfang erst angestoßen durch Fördergelder des Landes (Gute Schule 2020) und nicht durch eigene Initiative (wie denn auch, bei einem klammen Haushalt). Die Schulen erstellen dabei ein Medienkonzept, das den Bedarf an moderner Technik begründet. Und die Stadt finanziert den Bedarf über die Fördergelder.
Eigentlich bräuchten wir eine bundesweite “Bildungsstrategie”, die abseits von zweifelhaften “PISA-Rankings” oder den doppelbödigen Bertelsmännern dieser Republik einen realen Bedarf (Lerninhalte, Personal, Infrastruktur) ermittelt und diesen über die nächsten Jahre finanziert.
Das wäre eine Herkulesaufgabe angesichts der sehr anspruchsvollen Herausforderungen bei Inklusion (und damit meine ich nicht nur die Menschen mit Förderbedarf), Digitalisierung, Personalbedarf und Modernisierung; und angesichts des absolut desaströsen Status Quo alle diese Bereiche betreffend.
Zwei Jahre alte Statistiken ohne Nutzwert helfen dabei aber genau gar nicht.
Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat die Bildungsausgaben der Bundesländer in 2015 veröffentlicht. Eine Statistik, die mich ratlos zurück lässt.
Auf den ersten Blick sieht das für NRW nicht gut aus.
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Schnappatmung liegt natürlich nahe, und das werden die Medien sicher in Kürze auch wieder trefflich bedienen. Aber wartet noch einen Moment mit dem Jammern (oder je nach Land mit dem Jubeln).
Zwei Jahre alte Zahlen
Ja, Ihr lest richtig: 2015. Die Aussagekraft von zwei Jahre alten Statistikzahlen halte ich für eher homöopathisch. Ich möchte eigentlich nicht wissen, was NRW in 2015 pro SuS ausgegeben hat. Ich möchte wissen, was NRW für 2018, 2019 und 2020 pro SuS auszugeben plant.
Interessanterweise tauchen diese Zahlen nirgendwo in Haushaltsdebatten auf (oder sie gehen an mir vorbei). Stattdessen jonglieren die Ministerien immer mit abstrakten Milliardenbeträgen im Bildungshaushalt, die selbstredend “höher sind als die der Vorgängerregierung”.
Natürlich kann man nicht genau vorhersehen, wieviele SuS in 2020 die Schulen besuchen. Aber Tendenzen sollten erkennbar und erklärbar sein, zumal die Haushaltsansätze für die kommenden zwei bis drei Jahre auf eben diesen geschätzten Zahlen basieren (sollten).
Ranking: Wer ist der beste Sisyphos?
Der Impuls liegt nahe, aus der sich ergebenden Reihenfolge einen Sieger und viele Verlierer zu ermitteln. Und fortan bemühen sich alle Zweit- und schlechter Platzierten, beim nächsten Ranking besser abzuschneiden. Doch im nächsten Jahr gibt es andere “Gewinner” und vor allem “Verlierer”, die wiederum alles daran setzen werden, beim nächsten Ranking… Ihr erkennt das Muster. Diese Art des Schwanzvergleichs wird leider seit Jahrzehnten durch diverse Akteure mit vorrangig neoliberaler Agenda in die Köpfe der Bürger (und damit auch die der politischen Entscheider) geprügelt. #hüstelPISAhüstel
Alleine schon der erste Satz der Veröffentlichung zeigt, in welche Richtung die Zahlen zu interpretieren sind:
Da bekommt man Gänsehaut auf der Gänsehaut. Immer schön, wenn man seine Prioritäten klar hat.
Bildung ist nicht dazu da, “Humanressourcen der Volkswirtschaft” zu sichern! Und sie ist schon mal überhaupt kein Wettrennen!
Wenn man denn überhaupt irgendwelche abstrakten und schwer nachvollziehbaren Zahlen miteinander vergleichen möchte, dann lohnt eher der Vergleich zu den eigenen Ausgaben der Vorjahre.
[table id=56 /]
DAS ist, liebes Statistisches Bundesamt und liebe Medien, wenn überhaupt eine gerüttelt aussagefähige Tabelle, die man prominent verpressemelden sollte.
Man könnte also einmal hinterfragen, ob eine Steigerung um 100-200 Euro pro Jahr und SuS genügt, um die wachsenden Ansprüche an Unterricht und Bildung bedienen zu können (Modernisierung der Infrastruktur, Inklusion, Digitalisierung, Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs etc.).
In dieser Steigerung verstecken sich übrigens auch Dinge wie höhere Tarifabschlüsse und Inflation. Und wenn es zB. weniger Schüler und Schülerinnen gibt, die Fixkosten für Besoldung und Infrastruktur aber gleich bleiben, steigen die Ausgaben pro SuS auch. Nur mal so angemerkt. Nirgendwo ist nämlich vermerkt, wie sich die Zahlen der SuS im Vergleich zu den Ausgaben verhalten.
Deckung des Bedarfs
Natürlich könnte ich mir nichtsdestotrotz wesentlich mehr Geld pro SuS und Jahr vorstellen. Sehr viel mehr Geld. Und das wäre in der Bildung sicher nachhaltiger eingesetzt als für die Aufrüstung der Bundeswehr für Auslandseinsätze oder gegen einen dahergeredeten Feind, für die Stütze missgewirtschafteter Billigfluglinien oder bescheißender Autobauer oder für den Unterhalt einer Flughafenneubauruine.
Es stellt sich aber doch eigentlich die Frage: Decken die Investitionen in Bildung pro SuS und Jahr den Bedarf? Und was wäre der Bedarf überhaupt? Schaue ich mir unsere diversen Bildungsbaustellen an (die dazu in den vergangenen zwei Jahren nicht weniger geworden sind): Nein, diese Ausgaben genügen noch lange nicht.
Ich hätte gerne eine valide Bedarfsanalyse, ergänzt um eine Bedarfsplanung für die nächsten Jahre. Und daraus abgeleitet hätte ich eine Haushaltsplanung, die diesen Bedarf plus Puffer abdecken kann.
In Aachen findet so etwas Ähnliches “im kleinen Rahmen” gerade ua. mit der Medienentwicklungsplanung statt, leider in diesem Umfang erst angestoßen durch Fördergelder des Landes (Gute Schule 2020) und nicht durch eigene Initiative (wie denn auch, bei einem klammen Haushalt). Die Schulen erstellen dabei ein Medienkonzept, das den Bedarf an moderner Technik begründet. Und die Stadt finanziert den Bedarf über die Fördergelder.
Eigentlich bräuchten wir eine bundesweite “Bildungsstrategie”, die abseits von zweifelhaften “PISA-Rankings” oder den doppelbödigen Bertelsmännern dieser Republik einen realen Bedarf (Lerninhalte, Personal, Infrastruktur) ermittelt und diesen über die nächsten Jahre finanziert.
Das wäre eine Herkulesaufgabe angesichts der sehr anspruchsvollen Herausforderungen bei Inklusion (und damit meine ich nicht nur die Menschen mit Förderbedarf), Digitalisierung, Personalbedarf und Modernisierung; und angesichts des absolut desaströsen Status Quo alle diese Bereiche betreffend.
Zwei Jahre alte Statistiken ohne Nutzwert helfen dabei aber genau gar nicht.