Förderschule Inklusion

Meinung: Keine Erweiterung der Regenbogenschule

Im kommenden Schulausschuss der StädteRegion Aachen beraten wir über die Raumerweiterung der Regenbogenschule in Stolberg. Ich werde gegen diese Erweiterung stimmen.

Vorab möchte ich klarstellen, dass ich die Arbeit der Pädagogen und das Angebot der Schule wertschätze. Die Älteren werden sich erinnern: In der Ausschusssitzung vom November 2017 habe ich vorgeschlagen, dass die Schule den Ausschussmitgliedern in einem eigenen Tagesordnungspunkt ihre “AG Sozialgenial” vorstellt.
Aber:
Am 24.02.2009 hat die Bundesrepublik Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention (BRK)  ratifiziert. Die BRK fordert in Artikel 24 mit “Inklusiver Bildung” den diskriminierungsfreien Zugang zum gemeinsamen Lernen im Regelschulsystem.
Deutschland hat eine mehr als zweihundertjährige Tradition in der Aussonderung “auffälliger” Menschen, von Kindesbeinen an. Das Förderschulsystem ist allerdings genau kein inklusives Bildungssystem, sondern es trennt die Kinder mit Unterstützungsbedarf von den “leistungsfähigen” Kindern und hält sie selbst dort an den Förderschulen dank der Kategorisierung nach Behinderungen unter ihresgleichen. Und Deutschland hält an dieser Praxis nach wie vor fest. Dafür hat es im Jahr 2016 vom UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in der “Allgemeinen Bemerkung Nr. 4” einen Rüffel kassiert.
Und jetzt, neun Jahre nach der Ratifikation und zwei Jahre nach dem UN-Rüffel diskutieren wir ensthaft immer noch darüber, eine Förderschule zu erweitern? Auch, wenn die schwarz-gelbe NRW-Regierung die Förderschulen wieder stärken möchte (CDU-FDP-Koalitionsvertrag, dort im Abschnitt “Gelingende Inklusion”, S. 13), heißt das nicht, dass der Förderschulträger (in diesem Fall die StädteRegion) dieses Stöckchen aufnehmen muss.
Statt das Geld in die Zementierung von Förderschulen zu stecken, sollten wir es in eine Inklusion investieren, die diesen Namen verdient (“Gelingende Inklusion” ist das Festhalten an Förderschulen nämlich gerade nicht, liebe NRW-Regierung).
Wir müssen unsere Regelschulen so ausstatten, dass sie jedes(!) Kind in seiner Besonderheit aufnehmen, wertschätzen und entsprechend seiner Möglichkeiten fördern und fordern können (und wollen!). Ich bin davon überzeugt, dass das mit den entsprechenden Ressourcen an Personal und Infrastruktur sowie Verringerung der Klassenfrequenzrichtwerte funktioniert.
Ich möchte, dass die Unterrichtskonzepte mit achtsamer und individueller Pädagogik von Schulen wie der Regenbogenschule Einzug in den Regelschulbetrieb halten. Und wenn diese Konzepte nicht zu den Regelschulen kommen, dann kommen die Regelschulen eben zu den Konzepten: Machen wir Förderschulen zu Regelschulen und öffnen sie für alle Kinder.
Die “Schule für alle” mag noch in weiter Ferne liegen. Aber mit solchen Beschlüssen zur Finanzierung von Förderschulerweiterungen entfernen wir uns nur noch weiter von diesem Konzept, statt ihm näherzukommen.
Aus diesem Grund werde ich am 14.06.2018 gegen den Beschlussvorschlag stimmen.
Nachtrag:
Es gab wie erwartet in der Sitzung eine Diskussion, wobei ich die als sehr wertschätzend und sachorientiert empfand.
Das Hauptgegenargument war, dass wir kommunal da gar keine Möglichkeit haben, etwas am Status Quo zu ändern. Das ist ein bequemes Argument. Natürlich weiß ich, dass diese Art Gesetze auf höherer Ebene entstehen und von dort auch die Mittel kommen müssen. Das ist für mich aber kein Grund, es einfach abzunicken. Dann passiert nämlich erst recht nichts.
Beim Kampf gegen den Bröckelreaktor Tihange haben wir auch keine einfache Handhabe. Und doch gibt es Beschlüsse, alle Hebel in Bewegung zu setzen, damit diese Ruine verschwindet.
Da geht sowas auf einmal…