Im letzten Jahr entspann sich im Bekanntenkreis eine interessante Diskussion darüber, ob eine Lehrerin im Unterricht ein Kopftuch tragen dürfe oder nicht. Hier ungefragt ein paar Gedanken dazu von mir.
Zunächst einmal ist es mir sehr viel wichtiger, was ein Mensch im statt auf dem Kopf mit sich herumträgt. Ob da jetzt ein Kopftuch, ein Beanie, eine Basecap oder ein Bandana auf der Rübe steckt, ist mir prinzipiell egal, wenn sich darunter ein offener, neugieriger und toleranter Geist befindet.
Leider nutzen Fanatiker die “Causa Kopftuch”, um ihre allein gültigen und glückselig machenden Dogmen je nach Coleur populistisch oder religiös, aber immer schnappatmend zu unterfüttern. Die Meinungen, ob es sich um ein religiöses Instrument zur Unterdrückung der Frau handelt, gehen (auch bei Experten) weit und teilweise lautstark auseinander. Quot homines, tot sententiae. Und natürlich drängt sich aus dieser Sichtweise heraus die Frage auf, ob eine bekopftuchte Lehrerin den Mädchen in der Klasse ein progressives Frauenbild vermitteln kann.
Dabei kann man das auch sehr viel unaufgeregter betrachten. In einem schon älteren Interview mit einer Muslima kam ein interessanter Kopftuch-Aspekt zur Sprache: Es solle (auch) von Äußerlichkeiten ablenken und das Wesen des Menschens darunter in den Vordergrund stellen. Das gelte im Übrigen auch für Männer.
Nun bin ich nicht koranfest (kleiner Einschub: Ich bin auch nicht bibelfest. Fantasy ist einfach nicht mein Genre). Ich kann also nicht abschätzen, ob das mit der Konzentration auf Menschen statt Klamotten valide ist. Abgesehen davon, dass man natürlich auch mit schicken Kopftüchern in raffinierter Wicklung ein modisches und damit auffallendes Statement setzen kann, hat das in meinen Augen aber durchaus Charme. Und es steuert die Diskussion in die in meinen Augen eigentlich wichtigere Richtung:
Wie kann ich erwarten, dass sich eine aufgeschlossene (und durchaus auch Kopftuch tragende) Muslima gegen ihre Überzeugung, Tradition oder Gewohnheit ohne Kopftuch vor eine Klasse stellen soll, in der Jugendliche sich durch Dummfunk-Formate wie “Shopping-Queen” oder “Germanys Next Top Model” in zweifelhafte Massenmodehypes treiben lassen? (Linkwink dazu: “tv.profiler – Eine Unterrichtsstunde zu Germany’s next Topmodel” von der LfM NRW)
Leider thematisiert niemand hörbar, dass das religiös oder medial verordnete Modediktat eigentlich die gleichen Wurzeln hat: Wir alle stehen unter ständigem Meinungsbeschuss durch zweifelhafte Wertevermittler mit eigener Agenda; egal, ob es um den nächsten heißen Klamotten- oder Konsum-Shice oder die Kontrolle durch unsichtbare Babos (bzw. deren selbsternannte Wahrheitswächter) geht.
Die Frage “Kopftuch oder nicht im Unterricht” lenkt nur von der eigentlichen Frage ab, wie aufgeklärt und selbstbestimmt wir in unserer Erlebenswelt sind. Oder eben nicht. Die Antwort “Kopftuchverbot” ist dafür aber wieder angenehm anstrengungslos für etwas, das eigentlich komplexe Reflexionen erfordert.
Mir ist eine kopftuchtragende Lehrerin lieber, die die Mädchen dazu ermuntert, klassische Männerdomänen zu erobern und sich nichts gefallen zu lassen, als ein korrekt gekleideter Lehrer, der dafür aber in der Birne über das reaktionäre 3K-Rollenbild für Frauen (a.k.a. “Kirche, Küche, Kinder”) nicht hinausdenkt.
Und wer jetzt meint, dass Kopftuch und progressive Wertevermittlung nicht zusammenpassen, der darf gerne mal die Suchmaschine seines Vertrauens nach Malala Yousafzai befragen.
Im letzten Jahr entspann sich im Bekanntenkreis eine interessante Diskussion darüber, ob eine Lehrerin im Unterricht ein Kopftuch tragen dürfe oder nicht. Hier ungefragt ein paar Gedanken dazu von mir.
Zunächst einmal ist es mir sehr viel wichtiger, was ein Mensch im statt auf dem Kopf mit sich herumträgt. Ob da jetzt ein Kopftuch, ein Beanie, eine Basecap oder ein Bandana auf der Rübe steckt, ist mir prinzipiell egal, wenn sich darunter ein offener, neugieriger und toleranter Geist befindet.
Leider nutzen Fanatiker die “Causa Kopftuch”, um ihre allein gültigen und glückselig machenden Dogmen je nach Coleur populistisch oder religiös, aber immer schnappatmend zu unterfüttern. Die Meinungen, ob es sich um ein religiöses Instrument zur Unterdrückung der Frau handelt, gehen (auch bei Experten) weit und teilweise lautstark auseinander. Quot homines, tot sententiae. Und natürlich drängt sich aus dieser Sichtweise heraus die Frage auf, ob eine bekopftuchte Lehrerin den Mädchen in der Klasse ein progressives Frauenbild vermitteln kann.
Dabei kann man das auch sehr viel unaufgeregter betrachten. In einem schon älteren Interview mit einer Muslima kam ein interessanter Kopftuch-Aspekt zur Sprache: Es solle (auch) von Äußerlichkeiten ablenken und das Wesen des Menschens darunter in den Vordergrund stellen. Das gelte im Übrigen auch für Männer.
Nun bin ich nicht koranfest (kleiner Einschub: Ich bin auch nicht bibelfest. Fantasy ist einfach nicht mein Genre). Ich kann also nicht abschätzen, ob das mit der Konzentration auf Menschen statt Klamotten valide ist. Abgesehen davon, dass man natürlich auch mit schicken Kopftüchern in raffinierter Wicklung ein modisches und damit auffallendes Statement setzen kann, hat das in meinen Augen aber durchaus Charme. Und es steuert die Diskussion in die in meinen Augen eigentlich wichtigere Richtung:
Wie kann ich erwarten, dass sich eine aufgeschlossene (und durchaus auch Kopftuch tragende) Muslima gegen ihre Überzeugung, Tradition oder Gewohnheit ohne Kopftuch vor eine Klasse stellen soll, in der Jugendliche sich durch Dummfunk-Formate wie “Shopping-Queen” oder “Germanys Next Top Model” in zweifelhafte Massenmodehypes treiben lassen? (Linkwink dazu: “tv.profiler – Eine Unterrichtsstunde zu Germany’s next Topmodel” von der LfM NRW)
Leider thematisiert niemand hörbar, dass das religiös oder medial verordnete Modediktat eigentlich die gleichen Wurzeln hat: Wir alle stehen unter ständigem Meinungsbeschuss durch zweifelhafte Wertevermittler mit eigener Agenda; egal, ob es um den nächsten heißen Klamotten- oder Konsum-Shice oder die Kontrolle durch unsichtbare Babos (bzw. deren selbsternannte Wahrheitswächter) geht.
Die Frage “Kopftuch oder nicht im Unterricht” lenkt nur von der eigentlichen Frage ab, wie aufgeklärt und selbstbestimmt wir in unserer Erlebenswelt sind. Oder eben nicht. Die Antwort “Kopftuchverbot” ist dafür aber wieder angenehm anstrengungslos für etwas, das eigentlich komplexe Reflexionen erfordert.
Mir ist eine kopftuchtragende Lehrerin lieber, die die Mädchen dazu ermuntert, klassische Männerdomänen zu erobern und sich nichts gefallen zu lassen, als ein korrekt gekleideter Lehrer, der dafür aber in der Birne über das reaktionäre 3K-Rollenbild für Frauen (a.k.a. “Kirche, Küche, Kinder”) nicht hinausdenkt.
Und wer jetzt meint, dass Kopftuch und progressive Wertevermittlung nicht zusammenpassen, der darf gerne mal die Suchmaschine seines Vertrauens nach Malala Yousafzai befragen.