Zack! …da hat die Finanzverwaltung NRW vermutlich wieder einen großen Fisch an der Angel: Für eine noch unbestätigte Summe in Millionenhöhe sollen die Hüter unserer Landesfinanzen die Daten deutscher Kunden der Schweizer UBS (Steuerfahndung Wuppertal) sowie einer weiteren, kleineren Schweizer Bank (Steuerfahndung Aachen) erworben haben, nebst umfangreicher Daten über steuersparende Stiftungen und – ganz lecker – Schulungsmaterial der UBS, mit dem sie ihre Mitarbeiter in Fragen der Steuerhinterziehung fortgebildet hat. Großes Kino!
Bevor ich loslege: Ich distanziere mich von der Pressemitteilung der Piraten-Fraktion NRW, die dem Finanzminister vorwirft, mit dem Erwerb der CDs unterstütze er die Beschaffungskriminalität.
Gefährdung des Steuerabkommens mit der Schweiz
Dieses Abkommen wird vermutlich erst 2013 in Kraft treten. Und erst dann soll im Rahmen dieses Abkommens der Aufkauf von CDs nicht mehr möglich sein. Egal also, wie sehr die Schweizer jetzt schnappatmen: Das Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz kann gar kein Grund sein, dass dieser Handel “böse” ist.
Abgesehen davon halte ich dieses Abkommen für äußerst fragwürdig:
Ein heimlich in Hinterzimmern ausgekaspertes Arrangement, das den Steuerflüchtigen maximal – wenn überhaupt – mit dem belastet, was er sowieso in Deutschland hätte zahlen müssen, ist für mich sinnfrei. Das ist, als würde ich schwarzfahren, um mir den Ticketpreis von 10 Euro zu sparen. Und wenn ich erwischt werde, zahle ich irgendwas zwischen 5 und 10 Euro Strafe… so eine Regelung kann nur aus dem Elfenbeinturm kommen oder einer hidden agenda folgen.
Hehlerei und Rechtsstaatlichkeit
Das Finanzgericht Köln hat Mitte 2011 die Verwertung von Daten auf Steuer-CDs zugelassen. Ob dieses Urteil verallgemeinerbar ist, kann ich als Laie nicht beurteilen. Da sich die jetzige Datenbeschaffung vermutlich nicht groß unterscheidet von der damaligen, sehe ich zunächst keinen Grund, warum das nicht auch heute erlaubt sein soll.
Darüberhinaus erachte ich den Kauf von (auch auf illegalem Weg erlangten) Daten-CDs durch die hoheitlichen Aufgaben des Staates gedeckt. Es geht letztlich darum, den durch asoziale Steuerflucht entstehenden Schaden am Sozialstaat zu mindern (und ich meine mit Sozialstaat hier mehr als “ALG II” und “gesetzliche Krankenkasse”; ich denke da grundsätzlicher an den Unterhalt von Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, Straßen, Feuerwehr, Vereinen etc. pp.).
Korrekt agierende Menschen
Das Tagesgeschäft der Schweizer Banken war es immer und ist es heute noch, das Vermögen aller Drecksäcke dieses Planeten gewinnbringend zu verwalten. Dabei haben wir überhaupt keinen Grund, uns darüber zu echauffieren, wird doch auch unser Bundesfinanzminister bei den Schmiergeldzahlungen im Schreiberskandal von einem erschreckend löchrigen Gedächtnis geplagt. Da haben sich also zwei gefunden, die jetzt Abkommen zu unser aller Wohl treffen. Klar.
Nein, wäre ich davon überzeugt, dass die obersten Politiker in solchen Angelegenheiten die Mehrheit der Bürger (also eher Schleckerfrauen statt Frau Schlecker) angemessen und wohlwollend vertreten, ich würde vermutlich davon ausgehen, dass die Finanzverwaltung NRW dem Bundesministerium unnötigerweise reingrätscht: Wozu viel Geld ausgeben, wenn der Kampf bereits auf höherer Ebene hart geführt wird? Die Millionen hätte ich dann liebend gerne in Pflege und Erziehung investiert gesehen.
Aber im Gegenteil: Derzeit habe ich großen Respekt vor den nordrhein-westfälischen Steuerfahndern, die entgegen dem hierarchietreuen Beamtennaturell dem Herrn Schäuble so kräftig in die Parade fahren und jetzt Repressalien eher aus den eigenen Reihen fürchten müssen.
Auf Dauer kann das aber natürlich keine Lösung sein!
Was tun?
Weiter Steuer-CDs zu kaufen, rubbelt nur die Oberfläche dieses Scheißkübels blank, geht aber nicht dahin, wo es stinkt.
Wir sollten uns dieses Mal ausnahmsweise an den USA orientieren und die Steuerpflicht an die Staatsbürgerschaft koppeln. Dann kann es beispielsweise auch “unseren” Topsportlern herzlich egal sein, ob die Schweiz liberalere Steuergesetze hat. Deutscher Pass = Deutsche Steuererklärung. Weltweit.
Eine meiner Vorstellungen wäre, dass unter anderem erst dann die Steuersätze für uns alle wirklich sinken könnten, weil einfach weltweit mehr Steuern eingezogen würden (und nicht, weil wir ein Hotel besitzen, containerweise Schrauben verkaufen oder unsere Geburtstagsparty im Kanzleramt feiern).
Ich habe das Thema mal beim Grundsatzantrag der AG Steuerrecht zur Diskussion gestellt und bin gespannt, ob die Piratenlinie sich dessen annimmt (oder auch bessere Alternativen parat hat).
Update
Daniel Schwerd (MdL NRW) hat diesbezüglich eine kleine Anfrage gestellt:
Drucksache 16/649 vom 21.08.2012: Effekte des Ankaufs und der Verwertung von Steuer-CDs (PDF, 10KB)
Andere wichtige Texte zum Thema:
Textheld: Steuer CD Ankauf – Biste dagegen dann biste für Betrug
Hollarius: Steuer-CD, Rechtsstaat und eine Piraten-PM
tarzun: Anzeigen, Beschlüsse, Spenden. Und mein Senf
Zack! …da hat die Finanzverwaltung NRW vermutlich wieder einen großen Fisch an der Angel: Für eine noch unbestätigte Summe in Millionenhöhe sollen die Hüter unserer Landesfinanzen die Daten deutscher Kunden der Schweizer UBS (Steuerfahndung Wuppertal) sowie einer weiteren, kleineren Schweizer Bank (Steuerfahndung Aachen) erworben haben, nebst umfangreicher Daten über steuersparende Stiftungen und – ganz lecker – Schulungsmaterial der UBS, mit dem sie ihre Mitarbeiter in Fragen der Steuerhinterziehung fortgebildet hat. Großes Kino!
Bevor ich loslege: Ich distanziere mich von der Pressemitteilung der Piraten-Fraktion NRW, die dem Finanzminister vorwirft, mit dem Erwerb der CDs unterstütze er die Beschaffungskriminalität.
Gefährdung des Steuerabkommens mit der Schweiz
Dieses Abkommen wird vermutlich erst 2013 in Kraft treten. Und erst dann soll im Rahmen dieses Abkommens der Aufkauf von CDs nicht mehr möglich sein. Egal also, wie sehr die Schweizer jetzt schnappatmen: Das Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz kann gar kein Grund sein, dass dieser Handel “böse” ist.
Abgesehen davon halte ich dieses Abkommen für äußerst fragwürdig:
Ein heimlich in Hinterzimmern ausgekaspertes Arrangement, das den Steuerflüchtigen maximal – wenn überhaupt – mit dem belastet, was er sowieso in Deutschland hätte zahlen müssen, ist für mich sinnfrei. Das ist, als würde ich schwarzfahren, um mir den Ticketpreis von 10 Euro zu sparen. Und wenn ich erwischt werde, zahle ich irgendwas zwischen 5 und 10 Euro Strafe… so eine Regelung kann nur aus dem Elfenbeinturm kommen oder einer hidden agenda folgen.
Hehlerei und Rechtsstaatlichkeit
Das Finanzgericht Köln hat Mitte 2011 die Verwertung von Daten auf Steuer-CDs zugelassen. Ob dieses Urteil verallgemeinerbar ist, kann ich als Laie nicht beurteilen. Da sich die jetzige Datenbeschaffung vermutlich nicht groß unterscheidet von der damaligen, sehe ich zunächst keinen Grund, warum das nicht auch heute erlaubt sein soll.
Darüberhinaus erachte ich den Kauf von (auch auf illegalem Weg erlangten) Daten-CDs durch die hoheitlichen Aufgaben des Staates gedeckt. Es geht letztlich darum, den durch asoziale Steuerflucht entstehenden Schaden am Sozialstaat zu mindern (und ich meine mit Sozialstaat hier mehr als “ALG II” und “gesetzliche Krankenkasse”; ich denke da grundsätzlicher an den Unterhalt von Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, Straßen, Feuerwehr, Vereinen etc. pp.).
Korrekt agierende Menschen
Das Tagesgeschäft der Schweizer Banken war es immer und ist es heute noch, das Vermögen aller Drecksäcke dieses Planeten gewinnbringend zu verwalten. Dabei haben wir überhaupt keinen Grund, uns darüber zu echauffieren, wird doch auch unser Bundesfinanzminister bei den Schmiergeldzahlungen im Schreiberskandal von einem erschreckend löchrigen Gedächtnis geplagt. Da haben sich also zwei gefunden, die jetzt Abkommen zu unser aller Wohl treffen. Klar.
Nein, wäre ich davon überzeugt, dass die obersten Politiker in solchen Angelegenheiten die Mehrheit der Bürger (also eher Schleckerfrauen statt Frau Schlecker) angemessen und wohlwollend vertreten, ich würde vermutlich davon ausgehen, dass die Finanzverwaltung NRW dem Bundesministerium unnötigerweise reingrätscht: Wozu viel Geld ausgeben, wenn der Kampf bereits auf höherer Ebene hart geführt wird? Die Millionen hätte ich dann liebend gerne in Pflege und Erziehung investiert gesehen.
Aber im Gegenteil: Derzeit habe ich großen Respekt vor den nordrhein-westfälischen Steuerfahndern, die entgegen dem hierarchietreuen Beamtennaturell dem Herrn Schäuble so kräftig in die Parade fahren und jetzt Repressalien eher aus den eigenen Reihen fürchten müssen.
Auf Dauer kann das aber natürlich keine Lösung sein!
Was tun?
Weiter Steuer-CDs zu kaufen, rubbelt nur die Oberfläche dieses Scheißkübels blank, geht aber nicht dahin, wo es stinkt.
Wir sollten uns dieses Mal ausnahmsweise an den USA orientieren und die Steuerpflicht an die Staatsbürgerschaft koppeln. Dann kann es beispielsweise auch “unseren” Topsportlern herzlich egal sein, ob die Schweiz liberalere Steuergesetze hat. Deutscher Pass = Deutsche Steuererklärung. Weltweit.
Eine meiner Vorstellungen wäre, dass unter anderem erst dann die Steuersätze für uns alle wirklich sinken könnten, weil einfach weltweit mehr Steuern eingezogen würden (und nicht, weil wir ein Hotel besitzen, containerweise Schrauben verkaufen oder unsere Geburtstagsparty im Kanzleramt feiern).
Ich habe das Thema mal beim Grundsatzantrag der AG Steuerrecht zur Diskussion gestellt und bin gespannt, ob die Piratenlinie sich dessen annimmt (oder auch bessere Alternativen parat hat).
Update
Daniel Schwerd (MdL NRW) hat diesbezüglich eine kleine Anfrage gestellt:
Drucksache 16/649 vom 21.08.2012: Effekte des Ankaufs und der Verwertung von Steuer-CDs (PDF, 10KB)
Andere wichtige Texte zum Thema:
Textheld: Steuer CD Ankauf – Biste dagegen dann biste für Betrug
Hollarius: Steuer-CD, Rechtsstaat und eine Piraten-PM
tarzun: Anzeigen, Beschlüsse, Spenden. Und mein Senf